Weltweit sind über 50.000 Unternehmen an den Börsen gelistet. Es ist daher gar nicht so leicht, die passenden Aktien für das Depot auszuwählen.
Eine gute Aktie zeichnet sich dadurch aus, dass sie hohe Renditechancen bei gleichzeitig überschaubarem Risiko bietet. Ich bin also stets auf der Suche nach soliden Investments, bei denen das Chancen – Risiko – Verhältnis besser ist als das des breiten Aktienmarktes.
Damit dies gelingen kann, habe ich die Aktienliebe Scorecard (ALS) entwickelt. Mit der ALS wird einerseits die Anlagequalität und andererseits die Renditeerwartung bewertet. Beide Faktoren sind gleichgewichtet. Ich bin der Meinung, dass nur diejenigen Aktien langfristig erfolgreiche Investments sein können, die bestimmte Qualitätsmerkmale aufweisen. Andererseits muss bei Aktienkäufen immer auch die langfristige Renditeerwartung beachtet werden, da die Aktien ansonsten eventuell zu teuer eingekauft werden.
Insgesamt kann eine Aktie einen Score von 100% erreichen, wobei Qualitätsfaktoren und Renditeerwartung jeweils gleich gewichtet sind.
Anlagequalität
Wie bestimmt man die Qualität von Aktien? Das ist eine gute Frage.
Eine große Rolle sollte das Wachstum spielen. Nur diejenigen Unternehmen, die langfristig wachsen, können dauerhaft erfolgreich an der Börse sein. Alleine auf das Wachstum zu schauen wäre jedoch zu kurz gedacht.
Ebenso wichtig wie das langfristige Wachstum sind nachhaltige und sichere Gewinne. Was bringt es, wenn das Unternehmen wächst und wächst, aber nie Gewinne erzielt oder diese bei der kleinsten Krise wegbrechen? Als Aktionär beteiligt man sich am langfristigen Unternehmenserfolg, uns steht damit ein Teil des Unternehmensgewinns zu. Gewinnkontinuität und Profitabilität sind somit die zweite wichtige Qualitätseigenschaft.
Schließlich sollte auch sichergestellt werden, dass die Risiken für das Unternehmen nicht zu hoch sind. Die Bilanz muss solide sein und das Unternehmen sollte nicht überschuldet sein. Dies ist die dritte wichtige Qualitätseigenschaft.

Wachstum
Maximaler Score: 40%
Umsatzwachstum der letzten 10 Jahre
Die Kennziffer betrachtet das durchschnittliche, jährliche Umsatzwachstum über die letzten 10 Jahre. Unternehmen können nur dann ihre Gewinne langfristig steigern, wenn es gelingt, den Umsatz nachhaltig zu erhöhen. Dies schaffen nur Unternehmen, deren Produkte gebraucht und nachgefragt werden und die sich in zukunftsfähigen Märkten mit zukunftsfähigen Geschäftsmodellen bewegen.
Jeder Prozentpunkt Steigerung ergibt einen Prozentpunkt für unsere Scorecard. Dies gilt analog für Umsatzrückgänge. Der maximale Score für das historische Umsatzwachstum ist 10%., der maximale Abzug beträgt -10%.
Erwartetes Umsatzwachstum in den kommenden drei Jahren
Der Blick in die Vergangenheit zeigt, ob es Unternehmen in den letzten 10 Jahren gelungen ist, den Umsatz zu steigern. Noch wichtiger ist jedoch, dass dies dem Unternehmen auch zukünftig gelingt. Ein hohes zukünftiges Umsatzwachstum schaffen nur diejenigen Unternehmen, deren Produkte und Dienstleitungen auch zukünftig weiter nachgefragt werden.
Jeder Prozentpunkt Steigerung ergibt einen Prozentpunkt für unsere Scorecard. Dies gilt analog für Umsatzrückgänge. Der maximale Score für das historische Umsatzwachstum ist 10%., der maximale Abzug beträgt -10%.
Gewinnwachstum der letzten 10 Jahre und erwartetes Gewinnwachstum in den kommenden drei Jahren
Hier geht es um das Wachstum des operativen Gewinns (EBIT) über die letzten 10 Jahre sowie das geschätzte Gewinnwachstum in den nächsten drei Jahren. EBIT steht für “Earnings before Interest and Taxes” und ist eine gerne genutzte Kennzahl. Sie stellt den erwirtschafteten Gewinn unabhängig von der Finanzierungs-struktur und steuerlichen Gegebenheiten, die von Land zu Land unterschiedlich ausfallen können, dar.
Jeder Prozentpunkt Steigerung ergibt einen Prozentpunkt für unsere Scorecard. Dies gilt analog für Gewinnrückgänge. Der maximale Score für das historische sowie für das zukünftig erwartete Gewinnwachstum ist 10%., der maximale Abzug beträgt -10%.

Risiko
Maximaler Score: 40%
Nettoschulden < 4xEBIT
Die Nettoschulden sollten nicht höher sein als der 4-fache operative Gewinn. Andernfalls bestehen erhebliche Risiken. Steigen beispielsweise die Zinsen, die für die Schulden gezahlt werden müssen, bleibt weniger Gewinn für die Aktionäre übrig. Im schlimmsten Fall droht Unternehmen, die ihre Schulden nicht mehr tilgen können, die Insolvenz (siehe hierzu beispielsweise AirBerlin). Üblicherweise vergeben die Ratingagenturen bis zur vierfachen Verschuldung das begehrte Investment-Grade-Rating.
Bis zu einer Nettoverschuldung des zweifachen operativen Gewinns gibt es den vollen Score von 20%. Anschließend wird der Score wie folgt berechnet:
4 – Nettoverschuldung/EBIT / 20
Gewinnstabilität innerhalb der letzten 10 Jahre
Hier werden Unternehmen belohnt, die in den letzten Jahren immer einen Gewinn erzielt haben. Dies zeigt, dass das Unternehmen auch in schwierigen Marktphasen flexibel agiert und nie einen Verlust erwirtschaftet habt.
In diesem Fall werden im Rahmen der Scorecard 10% vergeben. Musste das Unternehmen hingegen ein oder mehrere Jahre einen Verlust hinnehmen, so geht es leer aus.
Max. Gewinneinbruch von 50% im Vergleich zum Vorjahr
Stark schwankende Gewinne sind ebenfalls kein Zeichen von Qualität. Ich liebe vielmehr diejenigen Unternehmen, die stetig ihre Gewinne steigern. Dies zeugt von einer konstant steigenden Nachfrage und von weniger Abhängigkeit gegenüber externen Faktoren.
Die Scorecard belohnt daher Unternehmen, die in den letzten 10 Jahren nie einen Rückgang beim EBIT von mehr als 50% im Vergleich zum Vorjahr hinnehmen mussten mit 10%.

Rentabilität
Maximaler Score: 20%
Eigenkapitalrendite >15%
Die Eigenkapitalrendite ist für mich eine sehr wichtige Kennzahl, wenn es um die Qualität von Aktien geht. Sie beschreibt, wie hoch die Rendite in Bezug auf das Eigenkapital ist und drückt somit die Verzinsung des Kapitals der Aktionäre aus. Für meine Geldanlage kann ich immer aus einer endlos scheinenden Zahl von Unternehmen wählen und daher gezielt in diejenigen Aktien investieren, die besonders wirtschaftlich mit meinem Eigenkapital wirtschaften.
Die Eigenkapitalrendite berechnet sich wiefolgt:
Eigenkapitalrendite = Gewinn / Eigenkapital
Je höher die Eigenkapitalrendite, desto besser wirtschaftet das Unternehmen mit dem Geld der Aktionäre. Wenn es dem Unternehmen gelingt, eine Eigenkapitalrendite von 15% oder mehr zu erzielen, ist das schon ganz schön ordentlich. Aus diesem Grund erhalten Unternehmen dann 10% in meiner Scorecard.
Da es immer besondere Situationen und Jahre geben kann, schaue ich hier auf die durchschnittliche Eigenkapitalrendite der letzten drei Jahre.
EBIT Marge > 10%
Die EBIT Marge setzt den operativen Gewinn (EBIT) ins Verhältnis zum Umsatz. Diese Kennzahl gibt somit an, wieviel Gewinn von einem Euro Umsatz übrigbleibt. Unternehmen mit hoher Gewinnmarge verfügen über eine gewisse Preissetzungsmacht und sind damit weniger anfällig bei kurzfristigen Marktkrisen.
Unternehmen, deren erwartete EBIT Marge im aktuellen Jahr größer ist als 10% werden mit 10% in der Scorecard belohnt.
Renditeerwartung
Neben der Qualität einer Aktie ist auch die langfristige Renditeaussicht entscheidend für eine gute Investition. Um diese abzuschätzen nutze ich an dieser Stelle regelmäßig das IRR Modell. Hierbei wird ein sehr langer Anlagehorizont unterstellen (Buy and Hold). Ich betriebe einen langfristigen Vermögensaufbau und überlasse Market Timing lieber anderen 🙂
Die jährliche Rendite-Erwartung setzt sich aus der langfristigen Wachstumsrate der Gewinne und der Free Cash Flow (FCF) Rendite zusammen. Die langfristige Wachstumsrate wird allerdings aus Risikogesichtspunkten auf max. 10% begrenzt.
Renditeerwartung p.a. = (FCF / Marktkapitalisierung + Gewinnwachstum)
Grundsätzlich wird der Höchstscore von 100% bei einer langfristigen jährlichen Renditeerwartung von mehr als 12,5% vergeben. Warum mehr als 12,5%? Ich möchte mit Einzelaktien deutlich mehr Rendite als der breite Aktienmarkt erzielen. Als Privatanleger stehen wir schließlich immer vor der Wahl, unser Geld einfach in einen breit gestreuten ETF (Exchange Traded Fund) zu investieren.
Der Bewertungsscore errechnet sich, indem man die jährliche Renditeerwartung ermittelt und diese mit 8 multipliziert. Der Bewertungsscore beträgt maximal 100% (12,5% Renditeerwartung p.a. x 8).
Der Gesamtscore
Der Gesamtscore ergibt sich aus der gleichgewichteten Summe des Scores für die Anlagequalität und des Scores für die langfristige Renditeerwartung. Je höher dieser Score, desto besser erscheint die Aktie für ein Investment geeignet.
ALS = (Anlagequalität + Renditeerwartung) / 2