Heute schaue ich mir ein echtes Traditionsunternehmen aus Deutschland an. In dieser Aktienanalyse geht es um Villeroy & Boch. Es ist eine Aktie, die in Privatanlegerkreisen fast nie diskutiert wird. Dennoch ist die Marke weltbekannt. Ist die Villeroy & Boch Aktie einen Kauf wert?

Die Villeroy & Boch Aktie im Überblick
Name | Villeroy & Boch Aktiengesellschaft |
Symbol | VIB3 |
Sektor | Zyklischer Konsum |
Kurs in EUR | 22,90 |
Börsenwert in Mrd. EUR | 0,59 |
KGV 2021 / 2022 | 13 / 12 |
Dividendenrendite | 3,89% |
Free Cashflow Rendite 2021 | 5,68% |
Aktienliebe Score | 82,83% |
Das Geschäftsmodell
Unternehmensgeschichte
Villeroy & Boch wurde vor mehr als 265 Jahren gegründet und konnte sich zu einer der weltweit führenden Marken im Sanitärbereich entwickeln. Die Anfänge gehen auf das Jahr 1748 zurück. François Boch und seine drei Söhne stellten damals Keramikgeschirr und Accessoires her. Später, im Jahr 1836, kam es zur Fusion mit dem Steingut-Produzenten Nicolas Villeroy. Dies war die Geburtsstunde von Villeroy & Boch.
Im 19. Jahrhundert wurde es zunehmend möglich, fließendes Wasser in den eigenen 4 Wänden zu nutzen. Villeroy & Boch begannen nun mit der Serienfertigung von Sanitärkeramik für Bäder. Mit hochwertigen und optisch ansprechenden Designs gelang es dem Unternehmen eine weltweit bekannte und geschätzte Marke zu etablieren. Noch heute steht Villeroy & Boch für gutes Design und hohe Funktionalität.
Was macht Villeroy & Boch?
Ich denke, dass viele von euch schon einmal Produkte von Villeroy & Boch gesehen bzw. genutzt haben. Das Unternehmen produziert Sanitärkeramik (z.B. Toiletten und Waschbecken), Küchenspülen, Badmöbel, Bade- und Duschwannen, Whirlpools, Armaturen und Accessoires. Außerdem produziert man Geschirr, Besteck sowie weitere Küchen-Accessoires.
Villeroy & Boch ist sowohl im B2B (Business to Business) als auch im B2C (Business to Consumer) Markt tätig. Die Produkte werden u.a. von Architekten oder anderen Planern für öffentliche Einrichtungen, Bürogebäude, Hotels oder Wohnanlagen gekauft. Auch Hotel- und Restaurantbetreiber sind typische Kunden. Zudem können auch wir Privatpersonen Produkte kaufen.
Management

CEO von Villeroy & Boch ist Frank Göring. Er hat Betriebswirtschaftslehre an der Universität-GH Paderborn studiert und begann seine Karriere bei Procter & Gamble im Marketing.
In seiner Laufbahn konnte er viel Erfahrung sammeln. Er war in verschiedenen leitenden Vertriebs- und Marketingfunktionen tätig. So war er beispielsweise als Marketing-Manager bei der Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH oder als als Konzernbevollmächtigter Marketing bei der Hero AG (Schwartauer Werke) tätig.
Seit 1997 ist Frank Göring bei Villeroy & Boch, wo er im Jahr 2005 in den Vorstand der Villeroy & Boch AG berufen wurde. Seit Juni 2007 ist er CEO. Er ist damit ein sehr erfahrener Manager und man kann wohl sagen, dass er Villeroy & Boch in- und auswendig kennt.
Umsatzverteilung
Villeroy & Boch ist in zwei Segmenten tätig: Badezimmer & Wellness sowie Geschirr. Das Segment Bad & Wellness steht für 2/3 der Umsätze. Das Segment Geschirr trägt 1/3 zum Gesamtumsatz bei.
Die Hälfte der Umsätze stammt aus Deutschland. Weitere 15% kommen aus dem europäischen Ausland. “Nur” 1/3 wird im Rest der Welt erwirtschaftet.

Branche
Es gibt einige Anbieter von Badkeramik. Einer der bekanntesten ist sicherlich Geberit. Das Schweizer Unternehmen ist Marktführer und hat ein deutlich diversifizierteres Produktportfolio. Villeroy & Boch ist eher ein Pure Player und mit einer Marktkapitalisierung von unter 600 Mio. EUR deutlich kleiner als Geberit (ca. 28. Mrd. EUR).
Die Branche insgesamt sehe ich sehr solide, die Nachfrage an Badkeramik oder Küchengeschirr ist zeitlos und defensiv. Weltweit sollte die Nachfrage weiter steigen, da stetig neu gebaut wird und jeder Neubau auch Sanitäranlagen benötigt.
Hinzukommt sicherlich einige Wachstumsphantasie aus der wachsenden Mittelschicht im asiatischen Raum. Mit zunehmendem Vermögen sollte auch hier die Nachfrage nach Qualitätsprodukten, wie sie Villeroy & Boch herstellt, steigen.
Aktionärsstruktur
Privatanleger können nur die Vorzugsaktie von Villeroy & Boch kaufen. Die rund 14 Mio. Stammaktien sind nicht an der Börse notiert und befinden sich im Besitz der Gründerfamilien. Dies bedeutet, dass man als Privatanleger nicht mitbestimmen darf. Dieses fehlende Stimmrecht wird aber durch eine höhere Dividende als bei den Stammaktien kompensiert. So gab es in den letzten Jahren immer 5 Cent mehr für die Aktionäre der Vorzugsaktien.
Chancen und Risiken
Wie bei jeder Aktienanalyse schaue ich mir im Folgenden die Chancen und Risiken der Villeroy & Boch Aktie an.
Chancen
- Starke Marke: Villeroy & Boch verfügt über eine starke und weltbekannte Marke. Wer Produkte von Villeroy & Boch kauft weiß, dass er Qualität und ein klein bisschen Luxus erwirbt und dies auch von anderen so gesehen wird. Sanitäranlagen von Villeroy & Boch – beispielsweise im Gäste-WC – können sicherlich auch als eine Art Statussymbol im Freundes- und Bekanntenkreis angesehen werden.
- Wellness-Trend: Jeder möchte eine Auszeit vom stressigen Alltag zu Hause haben. In den letzten Jahren ist ein klarer Trend zu mehr Wellness in den eigenen 4 Wänden erkennbar. Villeroy & Boch partizipiert bereits jetzt davon. So liegt der aktuelle Umsatz mit Outdoor-Whirlpools bei über 10 Mio. Euro – Tendenz steigend.
- eCommerce: Mit Ausbruch der Corona Krise hat Villeroy aus der Not eine Tugend gemacht und schnell erkannt, dass der Verkauf der Produkte über das Internet viele Chancen bietet. So wurde der Umsatz von 2019 auf 2020 im Segment “Bathroom and Wellness” um 31,3% und im Segment “Tableware” sogar um 46% gesteigert. Durch den Direktverkauf spart sich das Unternehmen die Händelprovision sowie die Ladenmiete. Demnach könnte Villeroy & Boch langfristig höhere Gewinnmargen erzielen.
- Social Media: Villeroy & Boch profitiert auch vom zunehmenden Social Media Trend. Insbesondere Pinterest bietet großartige Möglichkeiten, die Produkte des Unternehmens perfekt zu platzieren und zu bewerben.
- Bewertung: Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 12 ist die Aktie günstig bewertet (dazu später mehr).
Risiken
Insgesamt sehe ich das Geschäftsmodell als sehr solide an. Die Risiken halte ich für überschaubar.
- Erneute Lockdowns: Villeroy & Boch vertreibt einen Teil seiner Produkte weiterhin über Ladengeschäfte, die infolge erneuter Lockdowns wieder schließen könnten. Allerdings fokussiert man sich zunehmend auf den eCommerce, so dass ich dieses Risiko eher als gering bis mittel einstufe.
- Innovativere Produkte der Konkurrenz: Wasser ist ein immer knapperes Gut. Gelingt es der Konkurrenz, innovative Produkte und Technologien zu entwickeln, um den Wasserbedarf deutlich zu reduzieren und diesen Rohstoff somit zu sparen, könnte dies zu einem deutlichen Rückgang der Nachfragen nach Produkten von Villeroy & Boch führen. Das Unternehmen ist aber ebenfalls sehr in der Forschung aktiv und könnte seinerseits ebenfalls neue Produkte vor der Konkurrenz auf den Markt bringen.
Aktienliebe Score
Hier geht es wie immer um die konkreten Zahlen der Villeroy & Boch Aktienanalyse. Die Villeroy & Boch-Aktie erzielt bei Anwendung der Aktienliebe Scorecard einen Score von 83%. Das ist ein sehr guter Score, Villeroy & Boch fällt damit grundsätzlich in mein Beuteschema. Ich investiere gerne in Unternehmen mit einem Aktienliebe Score von 80% oder mehr. Schauen wir uns Qualität und Renditeerwartung einmal genauer an.

Wachstum
Umsatz und Gewinn sind in den letzten 5 Jahren nicht gewachsen. Dies lag auch an der Corona-Krise und dem damit verbunden Rückgang der Nachfrage nach den Produkten von Villeroy & Boch. Das Unternehmen hat allerdings super reagiert und eine eCommerce-Strategie ausgebaut. In den kommenden drei Jahren gehen die Analysten von einem deutlichen Wachstum aus. Der Umsatz soll um fast 6% p.a. und der operative Gewinn sogar um 26% p.a. zulegen.
Ich kann die hohen Gewinnschätzungen nicht ganz nachvollziehen. Klar – das eCommerce-Geschäft sollte dazu führen, dass sich die Gewinnmarge erhöht. Zudem beruht das Gewinnwachstum darauf, dass das Bezugsjahr das Corona-Jahr 2020 ist, wo der Gewinn deutlich rückläufig war. 26% halte ich dennoch persönlich zumindest für fragwürdig.

Meine Scorecard fordert 10% Wachstum, um den Höchstwert zu erreichen. Das schafft Villeroy & Boch für die vergangenen 5 Jahre nicht. Hier geht das Unternehmen aufgrund der Stagnation leer aus. Für das Wachstums erhält die Villeroy & Boch Aktie aber nur 39%.

Risiko und Profitabilität
Das Unternehmen ist nicht verschuldet, sondern verfügt über eine gute Nettoliquidität. Das ist sehr komfortabel. Außerdem konnte Villeroy & Boch jedes der letzten 5 Jahre einen Gewinn erwirtschaften – und das trotz Corona-Krise. Die führte zu einem stärkeren Gewinnrückgang im Vergleich zum Jahr 2019 um gut 20%. Bis zu einem Gewinnrückgang von 50% gibt es in der Scorecard noch volle Punktzahl. 20% sind nicht schön, angesichts der starken Einschränkungen auf die Geschäfte von Villeroy & Boch durch die Corona-Krise aber dennoch eher ein Zeichen dafür, wie robust das Geschäftsmodell ist.

Die operative Gewinnmarge liegt mit 8,5% leicht unter den in der Scorecard geforderten 10%. Die Eigenkapitalrendite – also die Verzinsung des Kapitals der Aktionäre – liegt bei guten 19%.
Bewertung der Villeroy & Boch Aktie
Gemessen an den Wachstumsaussichten ist die Bewertung aktuell sehr günstig – ich komme auf einer jährliche Renditeerwartung von rund 13%.
Um die aktuelle Bewertung zu bestimmen, nutze ich ein einfaches Discounted Cashflow Modell. Hierbei habe ich das von Analysten erwartete Nettoergebnis für 2023 zugrunde gelegt. Wie bereits oben beschrieben, erscheint mir das erwartete Wachstum des operativen Gewinns als sehr hoch. Ich unterstelle daher konservativ, dass das Nettoergebnis zunächst mit 8% weiter wächst. Wie immer habe ich vereinfachend angenommen, dass das Wachstum alle 5 Jahre um 25% abnimmt.

Bei diesen Annahmen ergibt sich eine Renditeerwartung von 13%, was einen Bewertungsscore von vollen 100% bedeutet.
Angesichts der Tatsache, dass Villeroy & Boch eine tolle Marke ist, finde ich 13% p. a. persönlich äußerst attraktiv.
Wie immer schaue ich mir auch die Bewertung im historischen 5-Jahresrückblick an. Hier ergibt sich kein einheitliches Bild. Das KGV liegt genau im Schnitt der letzten 5 Jahre. Das KUV ist leicht höher, die Dividendenrendite aktuell aber attraktiver.

Die Dividende
Villeroy & Boch ist eine Aktie für Dividendeninvestoren. Gemäß der Dividendenpolitik möchte Villeroy & Boch – sofern es die Situation des Unternehmens zulässt – rund die Hälfte des operativen Konzernergebnisses an die Aktionäre ausschütten. Mit einer aktuellen Dividendenrendite von fast 4% und der Ausschüttungsquote in Höhe von rund 50% finde ich die Aktie für Dividendendepots sehr geeignet.
Fazit zur Villeroy & Boch Aktienanalyse
Ich finde, dass Villeroy & Boch ein großartiges Unternehmen aus Deutschland ist, das man sicherlich als Depotbeimischung hinzunehmen könnte. Das Geschäftsmodell ist sehr solide und eher defensiv. Die Bewertung der Aktie erscheint attraktiv zu sein. Für mich überwiegen die Chancen die Risiken. Zudem kommt die Villeroy & Boch Aktie auf einen Aktienliebe-Score von über 80%.
Wichtig: Die Aktie ist nicht besonders liquide. Kauf- oder Verkaufsorder sollten daher immer mit einem Limit versehen werden.
Wie immer gilt: Do your own research 😉
Viel Erfolg beim Investieren und liebe Grüße
Dein Norman
Disclaimer
Ich habe diesen Beitrag nach bestem Wissen und Gewissen erstellt, kann aber die Richtigkeit der angegebenen Informationen und Daten nicht garantieren. Es handelt sich um einen journalistischen Beitrag, der ausschließlich Informationszwecken dient. Es findet keinerlei Anlageberatung von Aktienliebe statt. Ferner ist dieser Beitrag keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder eine sonstige Beratung. Es handelt sich lediglich um meine persönliche Meinung.
Bitte beachte, dass der Kauf von Aktien immer mit hohen Risiken verbunden ist, der im schlimmsten Fall sogar zum Totalverlust des investierten Kapitals führen kann. Ich kann daher keinerlei Haftung für die von dir getroffenen Investitionsentscheidungen übernehmen.
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