Weltweit sind über 50.000 Unternehmen an den Börsen gelistet. Es ist daher gar nicht so leicht, die passenden Aktien für das Depot auszuwählen.
Bevor man langfristig in eine spezifische Aktie investiert, sollte man sich daher das zugrundeliegende Geschäftsmodell genau anschauen:
- Was macht das Unternehmen?
- In welcher Branche ist es tätig?
- Kenne ich die Produkte?
- Vertraue ich dem Management?
- Welche Alleinstellungsmerkmale gibt es?
- Welche Chancen und Risiken sind mit einem Investment verbunden?
- usw.
Kommt ein Unternehmen als Investition grundsätzlich in Betracht, sollte man anschließend die Kennzahlen näher prüfen. Für mich zeichnet sich eine gute Aktie dadurch aus, dass sie hohe Renditechancen bei gleichzeitig überschaubarem Risiko bietet. Ich bin also stets auf der Suche nach soliden Investments, bei denen das Chancen – Risiko – Verhältnis besser ist als das des breiten Aktienmarktes.
Damit dies gelingen kann, habe ich die Aktienliebe Scorecard (ALS) entwickelt. Mit der ALS wird einerseits die Anlagequalität und andererseits die Renditeerwartung bewertet. Beide Faktoren sind gleichgewichtet. Ich bin der Meinung, dass nur diejenigen Aktien langfristig erfolgreiche Investments sein können, die bestimmte Qualitätsmerkmale aufweisen. Andererseits muss bei Aktienkäufen immer auch die aktuelle Bewertung beachtet werden, da die Aktien ansonsten eventuell zu teuer eingekauft werden.
Insgesamt kann eine Aktie einen Score von 100% erreichen, wobei Qualitätsfaktoren und die aktuelle Bewertung jeweils gleich gewichtet sind.
Im Rahmen meiner fortlaufenden Aktienanalysen habe ich mich dazu entschieden, meine ursprünglich entwickelte Scorecard für die zukünftigen Analysen leicht anzupassen. So möchte ich beispielsweise die aktuelle Bewertung noch stärker in der Scorecard berücksichtigen. Des Weiteren schaue ich zukünftig nur noch 5 anstatt 10 Jahre in die Vergangenheit zurück. Davon verspreche ich mir eine noch bessere Vergleichbarkeit von bereits etablierten mit noch jungen Unternehmen, für die Kennzahlen oftmals nicht für einen Zeitraum von 10 Jahren vorliegen.
Anlagequalität
Wie bestimmt man die Qualität von Aktien? Das ist eine gute Frage.
Eine große Rolle sollte das Wachstum spielen. Nur diejenigen Unternehmen, die langfristig wachsen, können dauerhaft erfolgreich an der Börse sein. Alleine auf das Wachstum zu schauen wäre jedoch zu kurz gedacht.
Ebenso wichtig wie das langfristige Wachstum sind nachhaltige und sichere Gewinne. Was bringt es, wenn das Unternehmen wächst und wächst, aber nie Gewinne erzielt oder diese bei der kleinsten Krise wegbrechen? Als Aktionär beteiligt man sich am langfristigen Unternehmenserfolg, uns steht damit ein Teil des Unternehmensgewinns zu. Gewinnkontinuität und Profitabilität sind somit die zweite wichtige Qualitätseigenschaft.
Schließlich sollte auch sichergestellt werden, dass die Risiken für das Unternehmen nicht zu hoch sind. Die Bilanz muss solide sein und das Unternehmen sollte nicht überschuldet sein. Dies ist die dritte wichtige Qualitätseigenschaft.

Wachstum
- Max. Wachstumsscore: 100%
- Scorecard-Gewichtung: 20%
Umsatzwachstum der letzten 5 Jahre
Die Kennziffer betrachtet das durchschnittliche, jährliche Umsatzwachstum über die letzten 5 Jahre. Unternehmen können nur dann ihre Gewinne langfristig steigern, wenn es gelingt, den Umsatz nachhaltig zu erhöhen. Dies schaffen nur Unternehmen, deren Produkte gebraucht und nachgefragt werden und die sich in zukunftsfähigen Märkten mit zukunftsfähigen Geschäftsmodellen bewegen.
Jeder Prozentpunkt Steigerung ergibt 2,5 Prozentpunkte für meine Scorecard. Der maximale Score für das historische Umsatzwachstum ist 25%.
Erwartetes Umsatzwachstum in den kommenden drei Jahren
Der Blick in die Vergangenheit zeigt, ob es Unternehmen in den letzten 5 Jahren gelungen ist, den Umsatz zu steigern. Noch wichtiger ist jedoch, dass dies dem Unternehmen auch zukünftig gelingt. Ein hohes zukünftiges Umsatzwachstum schaffen nur diejenigen Unternehmen, deren Produkte und Dienstleitungen auch zukünftig weiter nachgefragt werden.
Jeder Prozentpunkt Steigerung ergibt 2,5 Prozentpunkte für die Scorecard. Der maximale Score für das historische Umsatzwachstum ist 25%.
Gewinnwachstum der letzten 5 Jahre und erwartetes Gewinnwachstum in den kommenden drei Jahren
Hier geht es um das Wachstum des operativen Gewinns (EBIT) über die letzten 5 Jahre sowie das geschätzte Gewinnwachstum in den nächsten drei Jahren. EBIT steht für “Earnings before Interest and Taxes” und ist eine gerne genutzte Kennzahl. Sie stellt den erwirtschafteten Gewinn unabhängig von der Finanzierungsstruktur und steuerlichen Gegebenheiten, die von Land zu Land unterschiedlich ausfallen können, dar.
Jeder Prozentpunkt Steigerung ergibt 2,5 Prozentpunkte für meine Scorecard. Der maximale Score für das historische sowie für das zukünftig erwartete Gewinnwachstum ist jeweils 25%.

Risiko
- Max. Risikoscore: 100%
- Scorecard-Gewichtung: 20%
Nettoschulden < 4xEBIT
Die Nettoschulden sollten nicht höher sein als der 4-fache operative Gewinn. Andernfalls bestehen erhebliche Risiken. Steigen beispielsweise die Zinsen, die für die Schulden gezahlt werden müssen, bleibt weniger Gewinn für die Aktionäre übrig. Im schlimmsten Fall droht Unternehmen, die ihre Schulden nicht mehr tilgen können, die Insolvenz (siehe hierzu beispielsweise AirBerlin). Üblicherweise vergeben die Ratingagenturen bis zur vierfachen Verschuldung das begehrte Investment-Grade-Rating.
Bis zu einer Nettoverschuldung des zweifachen operativen Gewinns gibt es den maximalen Score von 50%. Ab einer Verschuldung mir mehr als dem 4-fachen Gewinn gibt es keine Punkte mehr.
Gewinnstabilität innerhalb der letzten 5 Jahre
Hier werden Unternehmen belohnt, die in den letzten Jahren immer einen Gewinn erzielt haben. Dies zeigt, dass das Unternehmen auch in schwierigen Marktphasen flexibel agiert und nie einen Verlust erwirtschaftet habt.
In diesem Fall werden im Rahmen der Scorecard 25% vergeben. Musste das Unternehmen hingegen ein oder mehrere Jahre einen Verlust hinnehmen, so geht es leer aus.
Max. Gewinneinbruch von 50% im Vergleich zum Vorjahr
Stark schwankende Gewinne sind ebenfalls kein Zeichen von Qualität. Ich liebe vielmehr diejenigen Unternehmen, die stetig ihre Gewinne steigern. Dies zeugt von einer konstant steigenden Nachfrage und von weniger Abhängigkeit gegenüber externen Faktoren.
Die Scorecard belohnt daher Unternehmen, die in den letzten 5 Jahren nie einen Rückgang beim EBIT von mehr als 50% im Vergleich zum Vorjahr hinnehmen mussten mit 25%.

Rentabilität
- Max. Rentabilitätsscore: 100%
- Scorecard-Gewichtung: 10%
Eigenkapitalrendite >15%
Die Eigenkapitalrendite ist für mich eine sehr wichtige Kennzahl, wenn es um die Qualität von Aktien geht. Sie beschreibt, wie hoch die Rendite in Bezug auf das Eigenkapital ist und drückt somit die Verzinsung des Kapitals der Aktionäre aus. Für meine Geldanlage kann ich immer aus einer endlos scheinenden Zahl von Unternehmen wählen und daher gezielt in diejenigen Aktien investieren, die besonders wirtschaftlich mit meinem Eigenkapital wirtschaften.
Die Eigenkapitalrendite berechnet sich wiefolgt:
Eigenkapitalrendite = Gewinn / Eigenkapital
Je höher die Eigenkapitalrendite, desto besser wirtschaftet das Unternehmen mit dem Geld der Aktionäre. Wenn es dem Unternehmen gelingt, eine Eigenkapitalrendite von 15% oder mehr zu erzielen, ist das schon ganz schön ordentlich. Aus diesem Grund erhalten Unternehmen dann 50% in meiner Scorecard.
Da es immer besondere Situationen und Jahre geben kann, schaue ich hier auf die durchschnittliche Eigenkapitalrendite der letzten drei Jahre.
EBIT Marge > 10%
Die EBIT Marge setzt den operativen Gewinn (EBIT) ins Verhältnis zum Umsatz. Diese Kennzahl gibt somit an, wieviel Gewinn von einem Euro Umsatz übrigbleibt. Unternehmen mit hoher Gewinnmarge verfügen über eine gewisse Preissetzungsmacht und sind damit weniger anfällig bei kurzfristigen Marktkrisen.
Unternehmen, deren erwartete EBIT Marge im aktuellen Jahr größer ist als 10% werden mit 50% in der Scorecard belohnt.
Bewertung
- Max. Bewertungsscore: 100%
- Scorecard-Gewichtung: 50%
Grundsätzlich wird der Höchstscore von 100% bei einer langfristigen jährlichen Renditeerwartung von mindestens 12,5% vergeben. Warum 12,5%? Ich möchte mit Einzelaktien deutlich mehr Rendite als der breite Aktienmarkt erzielen. Als Privatanleger stehen wir schließlich immer vor der Wahl, unser Geld einfach in einen breit gestreuten ETF (Exchange Traded Fund) zu investieren.
Der Bewertungsscore errechnet sich, indem man die jährliche Renditeerwartung ermittelt und diese mit 8 multipliziert. Der Bewertungsscore beträgt maximal 100% (12,5% Renditeerwartung p.a. x 8).
Der Gesamtscore
Der Gesamtscore ergibt sich aus der gleichgewichteten Summe des Scores für die Anlagequalität und des Scores für die Bewertung.
ALS = (Anlagequalität + Bewertung) / 2
Je höher dieser Score, desto besser erscheint die Aktie für ein Investment geeignet. Ab einem Score von 80% finde ich Aktien generell interessant.
Klar ist auch, dass die Aktienliebe Scorecard lediglich ein mögliches Modell für die Aktienauswahl darstellt. Andere Modell können zu anderen Ergebnissen führen und für dich – basierend auf deinen Anlagekriterien – ggf. besser geeignet sein. Für mich stellt die Scorecard allerdings ein gutes Modell dar, da sie Qualitäts- und Bewertungsfaktoren in einem Wert berücksichtigt und Aktien damit vergleichbar macht.
Beispiel: Veeva
Veeva ist ein Anbieter von Cloud-basierten Software-Lösungen für die globale Life Sciences-Industrie. Das Unternehmen bietet u.a. CRM-Lösungen zum Management von Kundenbeziehungen an.
Veeva erreicht in meiner Scorecard 81% und ist damit für mich – vorbehaltlich einer detaillierten Analyse des Geschäftsmodells – grundsätzlich kaufenswert.

Wachstum
Veeva wächst mit hohen Raten. In den letzten 5 Jahren betrug das Wachstum beim Umsatz 29% und beim Gewinn sogar 37%. Auch in den kommenden drei Jahren gehen die Analysten von einem 21%igen bzw. 26%igen Wachstum aus. Damit erhält Veeva volle 100% im Bereich Wachstum.

Risiko und Profitabilität
Veeva ist nicht verschuldet. Zudem wurde in den letzten 5 Jahren jedes Jahr mehr Gewinn erwirtschaftet. Die EK-Rendite und die EBIT Marge liegen deutlich über den in der Scorecard geforderten Werten. Daher erhält Veeva auch für das Risiko und die Profitabilität jeweils volle 100%.

Bewertung
Ausgangspunkt für die DCF-Bewertung ist das erwartete Nettoergebnis 2023. Aufgrund der aktuellen Schätzungen für das Wachstum gehe ich von einer Steigerung bis 2026 von 21% p.a. aus. Anschließend unterstelle ich, dass sich das Wachstum alle 5 Jahre um 25% abschwächt.
Unter diesen Annahmen ergibt sich beim aktuellen Kurs von 288,29 USD eine Renditeerwartung von 7,65%. Der Score beträgt demnach 61%.

Gesamtscore
Der Gesamtscore errechnet sich aus dem Score für die Anlagequalität (100%) und dem Score für die aktuelle Bewertung (61%) und beträgt demnach 81%.
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Disclaimer
Ich habe diesen Beitrag nach bestem Wissen und Gewissen erstellt, kann aber die Richtigkeit der angegebenen Informationen und Daten nicht garantieren. Es handelt sich um einen journalistischen Beitrag, der ausschließlich Informationszwecken dient. Es findet keinerlei Anlageberatung von Aktienliebe statt. Ferner ist dieser Beitrag keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder eine sonstige Beratung. Es handelt sich lediglich um meine persönliche Meinung.
Bitte beachte, dass der Kauf von Aktien immer mit hohen Risiken verbunden ist, der im schlimmsten Fall sogar zum Totalverlust des investierten Kapitals führen kann. Ich kann daher keinerlei Haftung für die von dir getroffenen Investitionsentscheidungen übernehmen.
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