SAP hat gestern die Zahlen für das dritte Quartal veröffentlicht und die Erwartungen der Analysten enttäuscht. Aber vor allem der schlechte Ausblick für die kommenden zwei Jahre hat viele überrascht und dazu geführt, dass die Aktie um mehr als 20% eingebrochen ist. Zu Unrecht?
Inhaltsverzeichnis

1. Die Aktie im Überblick
Überblick
Name | SAP |
Hauptsitz | Deutschland |
WKN | 716460 |
Sektor | Technologie |
Aktueller Kurs | 99,13 EUR |
Marktkapitalisierung | 144,7 Mrd. EUR |
Dividendenrendite 2020 | 1,62% |
Free Cashflow Rendite 2020 | 3,27% |
KGV 2020 | 24,97 |
Qualitätsscore | 77,31% |
Bewertungsscore | 66,13% |
Gesamtscore | 71,72% |
Datum | 27.10.2020 |
Aktienkurs

2. Das Geschäftsmodell kurz und knapp
SAP wurde 1972 von fünf ehemaligen IBM-Mitarbeitern gegründet. Seither ist SAP eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Heute ist das in Walldorf (Baden-Württemberg) ansässige Unternehmen der drittgrößte Software-Konzern der Welt. Mit einer Marktkapitalisierung von knapp 150 Mrd. EUR ist SAP das mit Abstand wertvollste Unternehmen Deutschlands.
SAP entwickelt und vertreibt Software zur Abwicklung von Geschäftsprozessen in Unternehmen. Die Software deckt sämtliche Bereiche wie Buchführung, Controlling, Vertrieb, Einkauf, Produktion, Lagerhaltung und Personalwesen ab.
Hauptkonkurrenten sind die US-Konzerne Oracle, Microsoft und IBM. Microsoft und IBM erwirtschaften allerdings einen Großteil ihres Umsatzes mit Betriebssystemen oder Hardware und sind damit eher in anderen Bereichen des IT-Sektors tätig.
3. Was ist geschehen?
Die Zahlen zum dritten Quartal lagen deutlich unter den Erwartungen der Analysten. Besonders negativ wurde der Ausblick gesehen, den das Unterhemen für das laufende sowie die beiden kommenden Geschäftsjahre in Aussicht stellte. So soll sich die Corona-Pandemie mindestens bis Mitte 2021 negativ auf die Geschäfte auswirken. Die bisherigen Umsatz- und Ergebnisziele seien somit nicht mehr zu halten.
SAP erwartet in den nächsten zwei Jahren ein geringeres Umsatzwachstum sowie ein stagnierendes oder sogar etwas geringeres Betriebsergebnis. Im Gegensatz zu anderen IT-Unternehmen, die teilweise sogar massiv von der Corona-Pandemie profitieren konnten, sieht die nähere Zukunft bei SAP eher trist aus. Es ist also durchaus nachvollziehbar, dass die lediglich in Quartalen denkende kurzfristige Börse die Aktie massiv abverkauft hat.
4. Was spricht dennoch für SAP?
Das geringere Umsatz- und Gewinnwachstum resultiert aus meiner Sicht vor allem aus folgenden Gründen:
- Die Umstellung auf die neue modulare Software S4 Hana und der Wandel hin zu cloudbasierten Abo-Modellen kostest erst einmal Geld. SAP investiert hier kurzfristig hohe Beträge, um seine marktführende Stellung auch in Zukunft zu behalten. Langfristig ist das der richtige Schritt, da cloudbasierte Abo-Modelle zukünftig die Profitabilität erhöhen, viele Neukunden durch einfachere Angebotsmöglichkeiten ansprechen und zu mehr wiederkehrenden Einnahmen führen. Das erwartet im Übrigen auch SAP selbst. Bis 2025 sollen die Clouderlöse auf über 22 Mrd. Euro und der Anteil der planbaren Umsätze auf über 85% steigen. Davon scheint auch der SAP-Mitgründer und Aufsichtsratsmitglied Hasso Plattner überzeugt zu sein. Heute wurde bekannt, dass er den Kursrückgang genutzt hat um für insgesamt 248,5 Mio. EUR Aktien von SAP zu erwerben. Auch CEO Klein und Finanzchef Mucic haben am Montag Aktien gekauft.
- Aufgrund der Corona-Krise sind viele Unternehmen derzeit zurückhaltend, wenn es um neue größere IT-Projekte geht. Gerade die Software von SAP ist komplex und aufwändig zu implementieren. Es handelt sich i.d.R. um Millionenprojekte. Aufgrund der damit verbundenen Summen verschieben Unternehmen derzeit ihre IT-Investitionen in die Zukunft – Umsatz, der SAP heute fehlt, aber sicherlich in den kommenden Jahren zufließen wird.
Insgesamt ist SAP im Markt gut positioniert. Mit seiner Software ist es dem Unternehmen gelungen, einen tiefen Burggraben aufzubauen. Wer bereits selbst Erfahrungen mit SAP gesammelt hat weiß, dass ein Wechsel zur Konkurrenz kaum noch möglich ist, wenn die Software einmal im Unternehmen implementiert ist. Hinzukommt die Tatsache, dass SAP im Cloudgeschäft ein großes Aufholpotential besitzt, sofern es dem Unternehmen gelingt, seine Strategie erfolgreich umzusetzen.
5. Aktienliebe Score
SAP erzielt bei Anwendung der Aktienliebe Scorecard einen Score von 72%. Dies ein guter Wert, gleichwohl hatten wir aber auch schon andere Unternehmen mit einem höheren Score. Schauen wir uns Qualitätsparameter und die Renditeerwartung einmal genauer an:

1. Qualität – 77%
Umsatz- und Gewinnwachstum
SAP wächst stetig. Aufgrund der aktuellen Prognosen wird sich das erwartete Wachstum allerdings in den kommenden drei Jahren mehr als halbieren. Mit Wachstumsraten von 3-4% bewegt man sich in Bereichen von großen Konsumgüterherstellern wie Coca-Cola oder Unilever, nicht aber im Bereich von Technologieunternehmen.

Gewinnkontinuität und Drawdown
In den letzten 10 Jahren hat SAP jedes Jahr einen Gewinn erwirtschaftet und diesen konstant gesteigert.
Profitabilität
Die Eigenkapitalrendite – also die Verzinsung auf das Kapital der Aktionäre – beträgt nur 13,57% im Durchschnitt der letzten drei Jahre, daher gibt es hierfür keine Punkte in der Scorecard. Allerdings zeigt die EBIT Marge von knapp 30%, dass SAP sehr profitabel arbeitet. Die EBIT Marge soll in den kommenden drei Jahren – u.a. durch die cloudbasierten Abo-Modelle – weiter erhöht werden.
Bilanz
Die Nettoschulden betragen das 1,05-fache des operativen Jahresgewinns. Die Bilanz ist daher sehr solide.
2. Renditeerwartung – 66%
An dieser Stelle nutzen wir regelmäßig das IRR Modell, da wir langfristig investieren und Market Timing lieber anderen überlassen. Unterstellt man einen langfristigen Buy-and-Hold Ansatz errechnet sich die Rendite aus zwei Faktoren:
- langfristiges Gewinnwachstum
- Free Cashflow Rendite
Die FCF Rendite beträgt derzeit 3,27%. Langfristig trauen wir SAP ein Gewinnwachstum von 5-8% p.a. zu. Für unsere Scorecard haben wir ein konservativ geschätztes Wachstum von 5% unterstellt. Somit kommen wir auf eine erwartete Rendite von nur 8,27% p.a. Sofern du mit einem höheren Gewinnwachstum rechnest, ergibt sich natürlich ein entsprechend höherer Score.
Werfen wir auch nochmals einen Blick auf die Bewertung im historischen Vergleich.

Im Vergleich der letzten drei Jahre erscheint SAP auch nach dem Kurseinbruch derzeit nicht besonders günstig, sondern eher fair bewertet zu sein.
6. Dividende
Als solider Dividendenzahler könnte SAP für Dividendeninvestoren sehr interessant sein. Aufgrund des Kursrückganges beträgt die Dividendenrendite nun immerhin 1,62% – ein guter Wert, vor allem vor dem Hintergrund der regelmäßigen Dividendenanhebungen.
Dividendenrendite | 1,62 % |
Auszahlungen/Jahr | 1 |
Steigert seit | 10 Jahren |
Keine Senkung seit | 26 Jahren |
Stabilität der Dividende | 0,98 (max. 1,0) |
Jährlicher Dividenden- zuwachs | 7,92 % (5 Jahre) 12,52 % (10 Jahre) |
Ausschüttungsquote | 38,4 % (auf den Gewinn/FFO) 70,5 % (auf den Free Cash Flow) |
7. Fazit
SAP ist und bleibt ein Qualitätsunternehmen. Langfristig gesehen gehen wir nicht davon aus, dass Anleger mit einem Investment in das größte deutsche Unternehmen Geld verlieren werden. SAP ist solide aufgestellt und gut im Markt positioniert.
Allerdings hat das Wachstum an Dynamik verloren. Auch nach dem Kurseinbruch von mehr als 20% ist SAP kein Schnäppchen, sondern eher fair bewertet. Wer sein Geld in kurzer Zeit vervielfachen möchte, ist bei SAP falsch. Wer hingegen ein langfristig solides Investment sucht, kann gerne bei SAP einsteigen und sich auch über eine schöne und regelmäßig steigende Dividende freuen.
Disclaimer
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