Volksfeste, Festivals, Musikevents – in den kommenden Monaten ist alles abgesagt. Selbst private Grillfeste sind vorerst nicht erlaubt. Die Corona-Krise trifft die Bierbrauer hart. Seit langem geht der Bierkonsum zurück – jetzt fehlen auch noch die Anlässe zum Trinken. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Aktienkursen der großen Brauereien wider. Ist nun alles eingepreist und können Privatanleger mit einer überdurchschnittlichen Rendite rechnen?
Die Brauereien leiden unter Corona
Alle Veranstaltungen sind abgesagt
Die Europameisterschaft im Fußball ist abgesagt und nun auch das Oktoberfest als weltgrößtes Bierfest. Keine Großveranstaltungen, Open-Air Konzerte, keine Bundesligaspiele mit Zuschauern, keine Festivals! Und zudem hatte die Gastronomie lange geschlossen, Kneipen, Bars und Clubs dürfen zum Teil auch weiterhin auf unbestimmte Zeit nicht öffnen – Covid 19 seid Dank!
Es bleibt den Menschen derzeit nichts anderes übrig, als zu Hause zu trinken – wenn man denn möchte. Aber klar ist auch, dass zu Hause auf der Couch in den meisten Haushalten wohl weniger getrunken wird als bei einem geselligen Besuch in der Kneipe um die Ecke.

Hinzukommt die Tatsache, dass vor allem der Umsatz mit margenstarken Premiummarken eingebrochen ist. Gerade diese werden in Bars, Restaurants oder Clubs verkauft und haben in der Vergangenheit für einen überdurchschnittlichen Beitrag zum Erfolg der Brauereien beigetragen.
Bier-Branche litt aber schon vor der Corona-Krise
Covid 19 ist aber nicht ausschließlich dafür verantwortlich, dass es in letzter Zeit für die Brauereien nicht mehr ganz so rund lief. Im vergangenen Jahr verkauften die Brauereien in Deutschland so wenig Bier wie seit Jahren nicht. Mit einem Absatz von 9,22 Milliarden Litern wurde nach Zahlen des Statistischen Bundesamts der bisherige Minusrekord von 9,35 Milliarden Litern im Jahr 2017 unterboten.
Dies hat verschiedene Gründe: Ein gesunder Lebensstil, strengere Promillewerte im Straßenverkehr und eine schrumpfende Gruppe trink- und feierfreudiger 20- bis 40-Jähriger tragen dazu bei. Ältere Menschen trinken weniger Bier. Im Gegenzug erfreuen sich alkoholfreie Biere einer steigenden Beliebtheit.
Der Markt und die Risiken
Hohe Konkurrenz
Gerade in Deutschland gibt es sehr viele Brauereien. Die Spannweite reicht von der kleinen Hausbrauerei bis zum nationalen bzw. internationalen Braukonzern (wie AB InBev, Heineken oder Carlsberg).
Bier ist Bier – oder doch nicht? Ähnlich wie bei Zigarettenmarken sind viele Konsumenten markentreu. So greifen viele immer wieder zu derselben Biermarke. Dennoch ist die Auswahl groß und die Produkte vergleichbar.

Quelle: Statista.com
Übernahmen und Schuldensituation
Die Bierbranche war in den vergangenen Jahren von zahlreichen Übernahmen und Zusammenschlüssen geprägt. Die größte Übernahme war die Akquisition von SAB Miller durch Anhäuser Busch. Dies führt u.a. dazu, dass viele der großen Brauereien eine erhöhte Verschuldung aufweisen. Gerade in Zeiten von Corona geht es nun zunehmend darum, Cash zu haben, um ausreichend Liquidität für die kapitalintensive Bierproduktion sicherzustellen. In den kommenden Jahren sollte zudem der Schuldenabbau oberste Priorität haben. Zum Teil wurden daher bereits jetzt Dividenden und Aktienrückkaufprogramme gestrichen.
Unklare Prognose für Hopfenernte 2020
Offen ist auch, wie die Hopfenernte 2020 wird. Das hängt nicht wie sonst vordringlich vom Wetter ab. Coronabedingt fehlt es an Erntehelfern. Bundesweit fehlen laut dem Verband der Deutschen Hopfenpflanzer 15.000 Helfer. Wichtig ist nämlich das sog. “Anleiten” der Triebe. Diese müssen nämlich nach oben wachsen und vom Boden weg an Drähte gebracht werden. Wird das nicht sachgerecht gemacht, drohen Pilzinfektionen. Aufgrund der Grenzschließungen fehlen derzeit geübte Helfer aus Polen.
Schauen wir uns im Folgenden drei der großen Brauereien genauer an.
Anheuser-Busch Inbev
Anheuser Busch-InBev (AB InBev) ist mit einem Umsatz von über 50 Milliarden US-Dollar und rund 600 Millionen Hektoliter erzeugten Getränken der größte Braukonzern der Welt.
Der Konzern entstand 2008 durch die Übernahme des amerikanischen Familienunternehmens Anheuser Busch (Budweiser) durch InBev (Beck’s, Stella Artois). InBev wiederum war 2004 aus der Fusion des brasilianischen Braukonzerns AmBev (Brahma, Antarctica) und der belgischen Interbrew hervorgegangen.
Die Geschäftstätigkeit verteilt sich auf 2 Bereiche, wobei die Bierproduktion mit einem Umsatzanteil von fast 92% den Großteil ausmacht
- Produktion von Bier, u.a. mit den Marken Budweiser, Corona, Stella Artois, Beck’s, Leffe, Hoegaarden, Castle, Castle Lite, Bud Light, Skol, Brahma, Quilmes, Michelob, Harbin, Sedrin
- Produktion, Abfüllung und Verkauf von alkoholfreien Getränken: kohlensäurehaltige Erfrischungsgetränke, Malzgetränke, in Flaschen abgefülltes Wasser und Eistee
Geographisch ist AB Inbev sehr gut aufgestellt. Der Umsatz verteilt sch wie folgt: Europa- Mittlere Osten -Afrika (18,3%), Lateinamerika (39,7%), Nordamerika (27,6%), Asien-Pazifik (13,8%) und sonstiges (0,6%).

Qualität
Die Wachstumsaussichten für die kommenden drei Jahre sind negativ – daher verliert das Unternehmen hier viele Punkte. Auch die sehr hohe Nettoverschuldung mit dem 6,82 fachen des operativen Gewinns liegt deutlich über der akzeptablen Grenze von 4. Insgesamt erzielt das Unternehmen einen Score von 33,6 % – das ist nicht gerade viel.

Bewertung
Auch wenn in den kommenden drei Jahren mit einem Gewinnrückgang zu rechnen ist, schätzen wir die langfristige Gewinnentwicklung positiv ein. Ein Rückgang bei der Biernachfrage sollte durch innovative neue Produkte sowie Preissteigerungen aufgrund von Inflationsausgleich kompensiert werden können. Als konservative Schätzung rechnen wir mit einem durchschnittlichen jährlichen Gewinnwachstum von 2%.
AB Inbev generiert viel Cash und kommt daher trotz des geringem Gewinnwachstums immerhin 75%.

Gesamtscore
Mit einem Gesamtscore von knapp 55% stellt AB Inbev derzeit kein Investment für uns dar: Halten!




Heineken
Heineken ist der nach Bierausstoß zweitgrößte Braukonzern der Welt nach Anheuser-Busch Inbev. Den Kern der Unternehmensgruppe bildet eine niederländische Brauerei, die im Jahr 1864 in Amsterdam gegründet wurde. Heute setzt der international operierende Konzern mehr als 240 Millionen Hektoliter Bier ab, erlöst knapp 24 Milliarden Euro und beschäftigt über 85.000 Mitarbeiter.

Die umsatzmäßig wichtigsten Märkte liegen in Westeuropa und den Amerikas. Die namensgebene Marke gilt als eine der wertvollsten Biermarken weltweit. Sie gehört umsatzmäßig zu den Top-10-Biermarken im Einzelhandel in den USA.
Auf dem deutschen Markt ist Heineken durch eine Beteiligung an der Paulaner-Gruppe (Paulaner, Kulmbacher, Hacker-Pschorr u.a.) vertreten.

Qualität
Heineken wächst stärker als AB Inbev – das sieht schon mal ganz gut aus. Allerdings gibt es auch hier Punktabzug aufgrund der ebenfalls hohen, wenn auch etwas geringeren Verschuldung.

Bewertung
Langfristig trauen wir Heineken ein etwas höheres Wachstum im Vergleich zu AB Inbev zu. Konservativ schätzen wir dieses auf 3%. Dies ergibt aufgrund der hohen Cash Flow Rendite eine jährliche Renditeerwartung von knapp 12% und einen Score von 90%.

Gesamtscore
Heineken erzielt fast 70% – das ist ein guter Wert! Die Aktie ist daher nach unserer Meinung deutlich interessanter als AB Inbev: Kaufen!




Carlsberg
Der dänische Carlsberg-Konzern ist derzeit die viertgrößte Unternehmensgruppe in der weltweiten Brauwirtschaft. Nach dem Bierausstoß sind nur AB-InBev, die Heineken-Gruppe und der chinesische Bierbrauer China Resource größer.

Die Carlsberg-Brauerei wurde 1847 in Kopenhagen gegründet. Ab den späten 60er-Jahren begann Carlsberg verstärkt international zu expandieren. 1970 wurde der große nationale Konkurrent Tuborg übernommen, durch die Übernahme der Biersparte der norwegischen Orkla-Gruppe (Pripps, Ringnes) stieg Carlsberg endgültig zum führenden Braukonzern Skandinaviens auf. In Dänemark und Norwegen kommt Carlsberg auf einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent, in Schweden und Finnland auf mehr als 30 Prozent.
Den deutschen Braumarkt betrat Carlsberg 2004 durch Übernahme der Holsten-Gruppe (Holsten, Astra, Duckstein, Lübzer u.a.).

Qualität

Bewertung

Gesamtscore




Fazit
Brauereien machen gerade eine schwierige Zeit durch. Geringes Wachstum und eine hohe Verschuldung zeichnen derzeit die Branche aus.
Andererseits erzeugen die Unternehmen einen hohen Cashflow, der den Aktionären zugute kommen kann.
Aus unserer Sicht ist vor allem die Aktie von Heineken mit einem Score von knapp 70% die Interessanteste unter den großen Bierbrauereien. Wer sich in dieser Branche engagieren möchte, sollte sich daher aus unserer Sicht das niederländische Unternehmen näher anschauen.
Disclaimer
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hi, vergleich mal InBev mit Abev, die würde ich eher kaufen, wenn.
Ein interessantes Unternehmen das gerne übersehen wird, ist die Asahi Group aus Japan. Zu ihr gehört u.a. Grolsch (Holland) und Pilsener Urquell (Tschechien).
Aber Heineken schmeckt auch nicht schlecht 😉
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